„Wir hatten schon einmal den „Sechser im Lotto“. Das kann doch bestimmt nicht noch einmal gut gehen?!“
Wir haben eine dreijährige Tochter adoptiert. Jetzt haben wir noch den kleinen Halbbruder von unserer adoptierten Tochter bekommen. Der Kleine war neun Monate alt und wird morgen ein Jahr. Aber da befinden wir uns noch in Adoptionspflege.
„Leben ist das, was passiert, während wir andere Pläne gemacht hatten.“ Vor ungefähr drei Jahren waren mein Mann und ich auch auf dem Weg ein Kind aus Kolumbien zu adoptieren. Dann kam plötzlich ein Anruf vom Jugendamt, dass wir gleich mal kommen sollen. Sie hätten wohl ein kleines Mädchen für uns aus Flensburg. Die Emma haben wir dann freudestrahlend in Empfang genommen, und so war Kolumbien auch gestrichen. Wir wurden eine Familie, glücklich, es hat alles gepasst. Man hatte das Gefühl, den Sechser im Lotto gezogen zu haben. Sie war und ist wirklich unser Traumkind!
Nachdem Emma dann einige Zeit bei uns war, spielte das Thema „Geschwisterkind“ bei uns auch eine Rolle. Wir nahmen dann wieder Kontakt zu Frau George und Frau Plappert auf. Doch wir hatten schon einmal den „Sechser im Lotto“. Das kann doch bestimmt nicht noch einmal gut gehen?! Wir bekamen dann trotzdem einen Anruf, wir sollten doch noch einmal ins Jugendamt kommen. „Plötzlich, gleich und sofort!“ Wir haben uns auf der Hinfahrt natürlich auch unsere Gedanken gemacht, was das jetzt sein könnte – ein Geschwisterchen kann das doch gar nicht sein, wir haben uns doch noch gar keine Gedanken darüber gemacht. Aber es kann auch nichts anderes sein.
Dann saßen wir hier mit Frau George und Frau Plappert und dann wurde uns gesagt: „Es gibt da noch ein Kind für Sie.“ Für uns war irgendwie klar, dass das mit unserer Emma zusammen hängen muss. Wir fragten dann, warum wir das Kind bekommen sollen. Uns wurde dann gesagt, dass es bei Justin die gleiche leibliche Mutter ist wie bei Emma.
Für uns war dann klar, dass wir den kleinen Justin aufnehmen. Es war schon immer ein Traum mit Geschwisterkindern. Auch wenn wir gedanklich noch nicht so weit waren, stand der Entschluss fest. Aber wir hatten auch Zweifel, denn wir hatten ja schon unseren „Sechser im Lotto.“ Wir wurden damals donnerstags angerufen und sollten ihn dann gleich schon sonntags holen. Ich hatte persönlich dann nochmal so eine „Krise“ mit mir. Ob das alles gut geht und ob das alles so sein soll, ob wir das auch alles so richtig machen, weil wir auch einfach so glücklich waren mit dieser Dreierkonstellation. Ich glaube, bei einem zweiten Kind ist das auch noch einmal eine ganz andere Situation. Da muss man neu Mut fassen. Man fürchtet nämlich, dass es nicht noch einmal so werden wird, wie es beim ersten Kind war. Dazu kommt noch die Frage, ist es überhaupt gerecht? Jetzt wo wir mit dem ersten Kind schon so ein Glück hatten.
Letztendlich war Emma dann der ausschlaggebende Punkt. Sie sagte am Sonntagmorgen: „Jetzt fahren wir aber und holen meinen Bruder!“ Wir haben Justin dann auch mitgenommen, haben aber für uns schon entschlossen, wenn es gar nicht gehen sollte sind wir dann auch so ehrlich und sagen, dass wir das nicht schaffen.
Ich muss sagen, dass Emma das super gemacht hat. Sie hat ihren kleinen Bruder sofort mit aufgenommen. Meine Angst war ja auch, dass Emma von ihrem Thron runter gestoßen wird, weil sie jetzt nicht mehr alleine ist und die volle Aufmerksamkeit bekommt und dass dadurch Streitigkeiten entstehen. Aber meine Angst war, zum Glück, nicht berechtigt. Eifersucht gab es selten. Sie war gleich ganz stolz darauf, dass sie einen Bruder hat. Morgen wird Justin ein Jahr alt und wir sind jetzt auch kurz davor, ihn adoptieren zu dürfen. Wir sind eine glückliche, vierköpfige Familie!