Eine erwachsene Adoptierte

„Für mich war das das Allergrößte, zu wissen, dass ich einen leiblichen Bruder habe.“

Jetzt vielleicht mal aus meiner eigenen Geschichte: Ich bin auch ein Adoptivkind. Das leibliche Kind meiner Eltern ist zehn Jahre älter als ich. Was ich als Kind ganz schlimm empfunden habe. Ich habe mir immer Geschwister in meinem Alter gewünscht.

Ich hatte immer das Gefühl, dass etwas in meinem Leben fehlt. Nach vielen Jahren habe ich dann mal die Adoptivunterlangen bei meinen Eltern gesucht und gefunden. Dann stand da drin, dass ich einen leiblichen Bruder habe. Das war für mich ein richtiges „Wow – Gefühl“. Für mich war das das Allergrößte, zu wissen, dass ich einen leiblichen Bruder habe.

Nämlich, das leibliche Kind meiner Adoptiveltern und ich, wir hatten gar nichts gemeinsam zusammen. Wir sind zwei Einzelkinder und jeder allein mit seinem Schicksal. Ich denke auch, dass mein Adoptivbruder eher darunter gelitten hat, dass ich dann noch in die Familie nachgerutscht bin, da mein Adoptivvater und ich zwei Seelenverwandte sind. Und irgendwann hatte ich dann meinen leiblichen Bruder am Telefon gehabt. Das war für mich wie eine Offenbarung. In dem Moment habe ich mich irgendwie vervollständigt gefühlt. Kurze Zeit davor habe ich auch meinen leiblichen Vater getroffen und ich habe zum ersten Mal in meinem Leben in ein Gesicht geschaut, wo ich mich selbst wiedererkannt habe.   

Als ich mit meinem leiblichen Bruder telefoniert habe, waren wir wie eins. Aber als wir uns dann gesehen haben, waren wir beide irre enttäuscht. Wir dachten, der muss doch so aussehen wie du, er spricht gleich wie du, er muss einfach genauso sein wie du. Aber wir konnten einfach nichts an dem anderen erkennen. Ich dachte mir, das gibt es doch nicht, er hat einfach nichts von dir. Wir haben uns danach auch nie wieder gesehen und überhaupt keinen Kontakt mehr gehabt. Jetzt nach 5 Jahren will ich versuchen noch einmal Kontakt mit ihm aufzunehmen, aber ich habe die Zeit erstmal gebraucht.